Autismus und Erschöpfung

Warum bin ich so müde? 

Müdigkeit ist wahrscheinlich nicht das erste Symptom, das dir einfällt, wenn du an Autismus denkst. Trotzdem ist Müdigkeit bis hin zur Erschöpfung etwas, das die meisten Menschen im Autismus Spektrum nur zu gut kennen.

Einige der Ursachen erkläre ich dir hier.

Hypersensibilität

Das autistische Gehirn verarbeitet sensorischen Input anders. Viele AutistInnen sind hypersensibel, das bedeutet, dass Sinneseindrücke fast ungefiltert in ihrem Gehirn ankommen. Sie werden weder sortiert, noch ausgefiltert. Das heisst auch, dass das Gehirn mehr Energie verbrauchen muss, um diese Eindrücke zu verarbeiten, was zur Folge hat, dass AutistInnen schneller ermüden.

Fehlender Autopilot

AutistInnen fehlt der sogenannte Autopilot. Dem Autopilot verdanken neurotypische Menschen, dass sie viele wiederkehrende Aufgaben automatisch verrichten können. AutistInnen hingegen müssen sich aktiv auf das fokussieren was sie tun. Das können Dinge sein die im Haushalt anstehen, wie staubsaugen, die Küche aufräumen usw. Es betrifft auch automatisierte Abläufe, z.B. wie mache ich mich bereit, um aus dem Haus zu gehen? Auch scheinbar einfache Dinge, wie Duschen oder Zähneputzen brauchen jedes Mal bewusste Überlegung und Anstrengung. Für ein autistisches Gehirn sind diese Aufgaben jedes Mal, wenn sie gemacht werden, wieder wie neu. Und auch das braucht viel Energie.

Soziales Chamäleon

Auch wenn viele erwachsene AutistInnen gelernt haben, wie sie sich in sozialen Situationen verhalten sollen und sie somit unauffällig wirken, ist dieses Verhalten nicht automatisiert. Vielmehr stecken dahinter bewusste Anstrengungen und ständiges Überlegen und Übersetzen. Diese konstante Anstrengung verbraucht viel Energie und der Erholungsbedarf nach sozialen Interaktionen ist entsprechend grösser.

Detailwahrnehmung

Das autistische Gehirn sieht zuerst die Details und versteht erst dann das Gesamtbild. Es ist nicht gut darin aus Details automatisch das ganze Bild zu erkennen. Die Wahrnehmung ist, je nach Ausprägung, wie ein Puzzle, wo jedes Mal neu alle Teile zusammengefügt werden müssen, um das Bild zu erkennen. Es ist ein bisschen so, als würdest du dich mit einem Fernglas in einem Zimmer umschauen. Das verbraucht viel Energie und kann ermüdend sein.

Schlafstörung

Sehr viele autistische Menschen haben Schlafstörungen. Zum einen liegt das wohl daran, dass sie einen atypischen zirkadianen Rhythmus haben, das kann zum Beispiel ein verschobener Rhythmus sein, das heisst sie werden später müde und können somit auch erst später einschlafen. Ausserdem gibt es oft Schwierigkeiten mit dem Übergang von Tag zur Nacht.

Es hängt auch damit zusammen, dass die zuvor erwähnten vielen Eindrücke oft noch bis tief in die Nacht hinein im Gehirn aktiv verarbeitet und sortiert werden. Das verhindert das Einschlafen.

Fatigue

Wenn eine autistische Person sagt, sie sei müde, dann ist damit oft nicht einfach die Müdigkeit gemeint, die man mit einer Tasse Kaffee oder einer kalten Dusche überwinden kann. Vielmehr ist eine sehr tiefgreifende Erschöpfung gemeint, die auch nach einer Nacht erholsamen Schlafes nicht behoben ist.

Es ist wichtig dies im Blick zu behalten: Wenn eine autistische Person sagt “Ich bin müde”, macht sie gerade eine ganz andere Erfahrung als das, was man normalerweise unter Müdigkeit versteht.

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